Meinen diesjährigen Wanderurlaub habe ich mit Max und Jan aus München unternommen. Jan hatte die Idee den Transcaucasian Trail zu laufen, einem 861km langen Fernwanderweg von See Arpi im Norden Armeniens über das Gehamgebirge (Zentralarmenien) bis in den Süden nach Meghri. Für den ersten Teil seiner Route haben ihn Sarah und Christopher begleitet. Für die Gebirgspassage haben Max und ich unterstützt. So konnten wir auch zusammen Jans Bergfest nach 430km feiern. Jan hat geplant die Route in zwei Monaten zu schaffen. Für den Abschnitt über das Gehamgebirge (150km) hatten wir 6-8 Tage eingeplant.
Anreise
Ich bin am Freitagnachmittag nach München gefahren und habe mich dort mit Max getroffen. Nachdem wir noch etwas Ausrüstung getauscht haben ging es am Samstagmorgen nach Wien mit dem Zug. Von dort sind wir gegen 23 Uhr nach Yerevan, der Hauptstadt Armeniens geflogen. Der Flug dauert ca. 4h und vor Ort sind zwei Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland.
Jan berichtete uns von einer sehr einfachen Passkontrolle. Deutschen Pass vorzeigen, Stempel erhalten und gut ist. Leider war es bei uns nicht ganz so einfach. Wir mussten zwei Stunden in der Passkontrolle warten, weil sehr viele Maschinen gleichzeitig gelandet sind und es einfach Stau ohne Ende gab. Wir haben dem Beamten erklärt was wir vorhaben, allerdings konnten sie mit wandern oder bergsteigen nichts anfangen – mit Urlaub machen schon mehr 🙂
Den Vormittag haben wir mit der Erkundung von Yerevan verbracht. Die Stadt wirkte noch etwas verschlafen. Nach dem Check-in im Hotel und etwas Mittagsschlaf haben wir abends uns mit Sarah und Christoph verabredet und Abendgegessen. Die beiden haben uns viel erzählt über Land und Leute und ihren Tourabschnitt. Ebenfalls haben wir einen weiteren Wasserfilter von den beiden erhalten.
Am nächsten Morgen haben wir noch Gas im HIKEArmenia gekauft und sind dann mittels Marshrutka nach Sewan am Sewansee gefahren. Marshrutka sind kleine Minibusse, oft privat gestellt, die Städte verbinden. Man sitzt mit 5-8 Fremden im Auto und fährt zum Ziel. Teilweise haben sich so interessante Gespräche entwickelt.
In Sewan angekommen, sind wir direkt zu unserem Hotel gelaufen, der Eigentümer war auch noch Besitzer einer Brauerei und eines Restaurants und wir haben direkt eine kleine Verkostung erhalten 🙂
Am Abend sind wir noch mit Jan zur Sawanabank gefahren und haben uns das dortige Kloster angeschaut
Der Sewansee ist mit 1272 km² Fläche, einer Länge von 78 km und einer Breite von 56 km der größte Süßwassersee Armeniens sowie des gesamten Kaukasus
01.08.2023 – Tag 1 – Sewan – Lchashen – Mount Tas – 22km
Um 8 Uhr sind wir in Sewan aufgebrochen. Zunächst ging es etliche Kilometer durch die Stadt, kurz am Highway entlang und dann über Lchashen in die Wildniss. Nach 9,4km haben wir an einer ersten Wasserquelle Pause gemacht, die allerdings versiegt war. Wir haben dann Wasser aus einer Viehtränke gefiltert. Es war unbedingt nötig dort Wasser aufzunehmen, da die nächste Quelle erst wieder in 20km angezeigt wurde. Der erste Tag fiel mir schwer. Ich musste mich erst an die Höhe, die Temperatur und den schweren Rucksack gewöhnen. Alleine Wasser (4l) und Essen haben 11kg ausgemacht. Unterwegs hatten wir eine erste Begegnung mit Hütehunden. Diese werden neben Bären und Schlangen als gefährlichste Tiere angegeben. Nach 22,4km haben wir unser Tagesziel zwischen zwei Normadencamps gegen 16 Uhr erreicht.
Ich war recht fertig und wir wollten es für den ersten Tag nicht übertreiben. In einer kleinen Senke mit tollen Blick auf den Sewansee haben wir unser Lager aufgeschlagen.
02.08.2023 – Tag 2 – Mount Tas – See Agnalich – TCT Camp – 23km
Um 5:30 Uhr sind wir heute aufgestanden, um der Hitze zu entgegen und Zeit für viele Kilometer zu haben. Unterwegs haben wir Russtar, einen Hirten getroffen. Er hat uns Wasser angeboten und berichtet, dass für die nächsten Tage Regen aufzieht. Gegen 13 Uhr waren wir am See Agnalich, der uns wieder mit Frischwasser versorgte. Ich hatte dort massive Probleme. Der schnelle Aufstieg, viel zu viel Sonne und zu wenig Wasser machten mir gesundheitlich zu schaffen. Ich lag erstmal eine Stunde am Wasser und tat nichts. Max und Jan haben Wasser gefiltert und wir haben zusammen gegessen. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorstellen weiter zu laufen.
Unser favorisiertes Ziel war das TCT Camp in der Nähe von Mount Azhdahak (3597m). Irgendwie habe ich es geschafft mich zu motivieren und wir sind um den See gelaufen und haben an der anderen Seite erstmal einen weiteren Liter getrunken. Nach gut 2h war ich vollständig regeneriert und auch das Laufen klappte wieder ohne Probleme. Gegen 18 Uhr sind wir im Camp angekommen auf 3100m Höhe. Das TCT Camp besteht aus einem Versorgungszelt und mehreren aufgebauten Zelten zum schlafen – auch ein WC Zelt war vorhanden. Wir haben unser eigenes Zelt genutzt. Mit Daniel haben wir zusammen Abendbrot gegessen und er hat uns zu Tee eingeladen.
03.08.2023 – Tag 3 – TCT Camp – Mount Azhdahak – Lake Badi Lich – near Little Spitakasar – 23km
Um 7:30 Uhr sind wir relativ spät aufgestanden. Nach einem Frühstück mit Daniel haben wir das Lager verlassen und uns Richtung Mount Azhdahak begeben. Ich habe noch meine Frühstücksration an den Hütehund verfüttert – Ich konnte den Porridge einfach nicht mehr sehen.
Das Wetter war super und unser Ziel war es im Bergsee zu schwimmen. Gegen 11 Uhr standen wir auf dem Berg und der höchsten Erhebung unserer gesamten Route.
Nach einer kleinen Pause sind wir in den Krater abgestiegen und haben ein kurzes Bad genossen. Das Wasser im See war wirklich kalt! Am Kraterrand haben wir Mittag gemacht.
Nach der Mittagspause ging die Wanderung weiter. Am Lake Badi Lich haben Jan und ich unsere Wasservorräte für die nächsten 25km aufgefüllt und Max hat unsere Rucksäcke ein Stück weiter den Hang hinauf geschleppt.
Unterwegs haben wir noch einen Hirten getroffen. Leider konnten wir uns nicht verständigen, er bot uns aber Zigaretten an 🙂
Um 18:30 Uhr haben wir unser Tagesziel nach ca. 23km erreicht. Wir waren müde und haben uns früh schlafen gelegt. In der Ferne hat man heftige Gewitter gehört. In der Nacht hat es leicht geregnet.
Tag 4 – Little Spitakasar – Tsaghkunk – Hochebene – 28km
Gegen 6:30 Uhr wurde ich durch die Sonne und ein lautes Getrampel wach. Seht selbst was da vor dem Zelt wartete:
Gegen 7:45 Uhr sind wir losgelaufen. Meine kompletten Sachen für den Tag waren nass. Im Gebirge hatten wir mit niedrigen Temperaturen und Nebel zu kämpfen, der die Sicht stark einschränkte.
Vor dem Berg Tsaghkunk sind wir einer Siedlung zu nah gekommen und wurden fast zwei Kilometer von Hütehunden verfolgt und aggressiv angebellt. Teilweise sind diese bis zu einem halben Meter an uns herangekommen. Wir waren kurz davor diese mit Stöcken und Steinen zu bewerfen. Das klingt hart, aber nur so verstehen diese Hunde, dass sie ablassen sollen. Wir haben es aber geschafft ohne Gewalt die Hunde loszuwerden, waren allerdings danach am Ende der Kräfte und ziemlich genervt. Um halb zwei haben wir eine verspätete Mittagspause eingelegt und uns einen Plan für das Umwandern von Siedlungen überlegt, da wir lieber weiter laufen wollten, als gehetzt zu laufen. Auf dem Weg zum Tagesziel (einer Hochebene) sind wir um 15 Uhr auf einen Hirten getroffen. Er hat uns eingeladen mit seiner Familie zusammen Tee zu trinken. Es war ein sehr bewegender Moment mit der Familie in der Hütte zu sitzen. Zwei Betten standen auf Lehmboden, ein kleiner Tisch mit ein paar Hockern und einfachen Stöcken plus einer massiven Zeltplane. Diese Menschen leben unter wirklich sehr ärmlichen Verhältnissen und trotzdem haben sie das wenige mit uns geteilt. Wir haben ihnen ebenfalls Essen gegeben und Süßigkeiten. Der Tee war sehr lecker 🙂 Bei der Verabschiedung hat uns die Familie noch frische Pfirsiche geschenkt. Ebenfalls total lecker. Gegen 18:30 Uhr haben wir unser Tagesziel erreicht. Hier haben wir noch versucht Sachen zu trocknen und einen Plan für die nächsten zwei Tage aufgestellt. Gegen 21:30 Uhr haben wir geschlafen. In der Nacht gab es Regen und in der Ferne wieder Gewitter.
Tag 5 – Hochebene – Hors – 37km
Ich habe so gut geschlafen, dass mich der Wecker um 6:30 Uhr geweckt hat. Nach einem ausgedehnten Frühstück ging es um 8 Uhr los. Vorher haben wir an einer Quelle unsere Wasservorräte aufgefüllt. Tagesziel war die Durchwanderung dieser Hochebene. Gegen 12:30 Uhr haben wir Mittag gemacht an einem kleinen Hügel. Ich hatte ein richtiges Tief. Es ging die ganze Zeit nur monoton gerade aus. Die Sonne hat gebrannt und der Weg wollte kein Ende nehmen. Meine Laune war richtig schlecht. Dazu hatte ich noch Magenprobleme. Nachdem die Hochebene endlich geschafft war, wurde es wieder leicht bergig. Mir ging es gesundheitlich besser und meine Motivation weiterzulaufen war wieder vorhanden. Man muss bedenken, dass wir an diesem Tag Temperaturen jenseits der 30°C Marke hatten und Wasserknappheit herrschte. Die grünen Berge verwandelten sich zu farbenfrohen bunten sandigen Bergen und als wir still (wegen Erschöpfung) eine kleine kurze Kurve hinunterlaufen passierte es. Jan meinte Stop, wir laufen falsch und in dem Moment richtete sich ein syrischer Braunbär im Feld auf. Wir waren geschockt, er war geschockt und wir liefen im Eiltempo die kurze Kurve wieder hinauf und versuchten zu beobachten was mit dem Bären passierte. Alles ging so schnell. Leider haben wir den Bären nicht mehr ausmachen können. Wir beschlossen einen kleinen Umweg zu laufen. Auf Zelt hatte an diesem Abend niemand mehr Lust und so beschlossen wir mit den letzten Kräften bis in das Bergdorf Hors zu laufen und dort eine Unterkunft zu mieten. Die Unterkunft war toll, allerdings hatten wir alle mit wahrscheinlich Bettwanzen zu kämpfen, die uns zerstochen haben.
Tag 6 – Hors – Shatin – 15km
Gegen 9 Uhr sind wir in Hors losgelaufen. Der Weg führte uns durch staubige, bergige Landschaften nach Shatin. Dort trafen wir gegen Mittag ein.
Ich war geschafft von dem mal wieder warmen Wetter. Wie auch am Vortag waren die Temperaturen jenseits der 30°C und das schon Vormittags.
Nach einer Auffrischung im Supermarkt und einem kleinem Snack in einer Bushaltestelle haben wir uns mittels Taxi nach Jeghegnadsor fahren lassen, wo wir uns ein Hotel gebucht haben und wieder den Luxus von Zivilisation genießen konnten. Auch hier wurde Gastfreundschaft und Essen groß geschrieben. Das hat schnell alle Strapazen vergessen lassen.
Abreise
Die letzten Tage verbrachte ich damit mich zu erholen und etwas Yerevean unsicher zu machen. Die Stadt verfügt über viele historische Museen. Ebenfalls haben Max und ich an einer Brandy Verkostung in der Ararat Brauerei teilgenommen. Armenien ist bekannt für sehr guten Brandy.