Brenta Dolomiten

31.08 Anreise

Am Vortrag des geplanten Wanderurlaubs bin ich nach München gefahren und habe in Ismaning übernachtet. Am Anreisetag haben Matthias und ich dann noch den Vormittag genutzt für ein klassisches Weißwurstfrühstück und um einige Steigeisen auszuleihen. Mittags hat uns Alex eingesammelt und wir sind nach Madonna di Campinio gefahren. Die Autobahn war relativ voll, zwischendurch haben wir uns noch mit Conny getroffen, die aus Österreich angereist ist. Unser Hotel „Fortini“ befindet sich direkt neben der Seilbahn mit der wir die Tour gestartet haben. 

01.09 Tag 1

Der Sentiero Alfredo Benini ist ein würdiger Start unserer Tour durch die Brenta. Er wird als mittelschwerer Klettersteig bewertet und ist gut gesichert. An der Bocca di Tuckett endet der Sentiero Benini und der Sentiero delle Bocchette Alte beginnt.
Dieses Wegstück ist der höchste Abschnitt des Bocchette-
Weges und wird als schwerer Klettersteig eingestuft. Er ist stellenweise sehr exponiert, in den Rinnen besteht Steinschlag- und Vereisungsgefahr. Für das Queren der Firnrinnen sind oft Pickel und Seilsicherung erforderlich. Berühmt ist er wegen seiner traumhaften landschaftlichen Eindrücke, der spektakulären Wegführung und der Aussichten.
Die Groste-Seilbahn ermöglichte es uns, schnell und mühelos bis zum Rifugio Stoppani auf über 2238m zu gelangen.
Die von der Seilbahn ausgespuckten Menschenmassen verteilen sich, allerdings sind wir nicht die einzigen, die nun dem Weg Nr. 305 in Richtung Cima del Grostè folgen. Über eine kleine Kuppe, links vorbei an einer Skiliftstation, steigt der Pfad über ein großes Karrenfeld zum Nordfuß der Cima del Grostè, wo der eigentliche Sentiero Benini beginnt. In einem Linksbogen führt der aufwärts steigende Pfad um die Cima del Groste herum, bis wir den schmalen Einschnitt der Bocca dei Camosci, 2770m, erreichen. Bocca bedeutet Pass bzw. Scharte oder Felsentor, ein Wort, dem wir hier noch häufig begegnen werden (schließlich war es ja auch namengebend für den Bocchette-Weg). Wir queren nun die Ostwand der Cima Falkner und gelangen zum höchsten Punkt des ersten Abschnitts auf 2910m. Von hier klettern wir etwa 100m abwärts und erreichen über Felsbänder das Massiv der Cima Sel-la, wo uns der Weg auf dessen Westseite leitet. Wir folgen weiter dem Sentiero Benini, umwandern die Cima Sella und steigen anschließend über Leitern steil hinunter zur Bocca di Tuckett, 2648m.

An der Bocca di Tuckett beginnt nun der Sentiero delle Bocchette Alte. Wir steigen, teilweise über Leitern, in Richtung Cima Brenta steil hinauf und gelangen über einen Felsaufschwung auf ein geneigtes Geröllfeld. In luftiger Höhe führt der Weg nun durch die Ostwand der Cima Brenta und endet in leichtem, schroffen Gelände. Weiter auf dem Hauptweg erreichen wir nach einiger Zeit ein ausgesetztes, schmales Felsband von dem Leitern in eine steil abfallende Firnrinne führen. Die Firnrinne gilt es jetzt zu queren und bei Vereisung ist trotz der guten Absicherung größte Vorsicht geboten. Über ein weiteres Felsband erreichen wir die Spalla di Brenta (ca 3000m) den höchsten Punkt des heutigen Tages. Wir verlassen diesen Aussichtspunkt und klettern hinab in die Bocchetta Alta di Massodi. Über eine lange Leiter, die „Leiter der Freunde“, gelangen wir auf den flachen Gipfel des Spallone di Mas-sodi (2999m) von wo wir wiederum steil abwärts über Leitern in die Bocchetta Bassa di Massodi absteigen. Hier teilt sich der Weg und es bestehen zwei Möglichkeiten, das Rifugio Alimonta zu erreichen: Entweder man geht über den Grat weiter geradeaus und gelangt über die Schulter der Cima Molvene auf die Vedretta di Sfulmini, von wo es rechts haltend zum Rifugio Alimonta geht, oder man biegt rechts ab und steigt über mehrere Leitern hinunter auf den harmlosen Brenta-Gletscher, von dem man links haltend das Rifugio Alimonta erreicht. Wir haben uns für erstere Lösung entschieden und unser Tagesziel nach acht Stunden Kletterei erreicht.

Durch einen relativ späten Start und die Dauer von acht Stunden sind wir genau zur Abendbrotzeit an der Hütte angekommen. Das hatte zur Folge, dass wir in einem 10-Personen Zimmer schlafen mussten. An Schlaf war nicht wirklich zu denken. Trotz Erschöpfung gab es immer jemanden, der geschnarcht oder für Unruhe gesorgt hat. Die Hütte was so ausgebucht, dass wir eine Stunde lang nichts bestellen konnten. Das war unschön, nach so einem langem, anstrengenden Tag. 

Tageskilometer: 11.5km
Anstieg: 1157m
Abstieg: 1022m
Maximale Höhe: 2975m

02.09 Tag 2

Die Nacht war um 6:30 Uhr zu Ende, als ein Tiroler Zimmergenosse meinte, dass alle aufstehen müssen – er hatte vergessen, dass neben seiner Gruppe auch noch Fremde im Zimmer schliefen.
Heute stand mit dem Sentiero delle Bocchette Centrale, das Herz des Bocchette Wegs auf dem Programm. Er gilt als Prototyp des idealen Klettersteigs und die landschaftlichen Eindrücke sind überwältigend. Der Sentiero delle Bocchette Centrale wird als schwieriger Klettersteig klassifiziert und ist extrem ausgesetzt. Mit hohen Rucksäcken kann es auf den Bändern, die sich wie halboffene Tunnel durch den senkrechten Fels ziehen, manchmal schwierig werden, sich elegant fortzubewegen. Nicht selten wird man durch den niedrigen Fels in die Knie gezwungen.
Vom Rifugio Alimonta queren wir die spaltenfreie Vedretta di Sfulmini und steuern die Bocca degli Armi an, den eigentlichen Startpunkt des Sentiero delle Bocchette Centrale. Ein beeindruckend langes Leitersystem führt uns sehr steil hinauf bis zum Beginn eines Felsbands. Über dieses und eine Reihe weiterer Bänder queren wir nun ausgesprochen ausgesetzt das Herz der zentralen Brentagruppe: Torre di Brenta, die vier spitzen Türme des Sfulminikammes, der Campanile Alto und natürlich die Guglia – Namen, die sich einem ins Gedächtnis meißeln, genauso wie die schaurig schönen Tiefblicke – genau das richtige für die Bewältigung meiner Höhenangst 🙂 
Von einer Schulter auf der Ostseite des Campanile Alto steigen wir rund 150m ab bis auf den Grund der Guglia-Scharte. Von dort geht es wieder ein Stück bergauf, und wir queren in die Westseite der Brenta Alta hinein, den letzten großen Klotz vor dem Val Brenta Alta. Ein System von Leitern führt uns anschließend ins Tal hinunter, wo wir auf Weg Nr. 318 treffen. Dieser führt nach rechts in rund einer Stunde zum Rifugio Brentei. Wir biegen allerdings links ab und steigen über die Reste eines Gletschers auf die Bocca di Brenta. Dahinter liegt das große Rifugio Pedrotti, wo wir die Tour gegen 12 Uhr für eine kurze Kaffee und Kuchenpause unterbrochen haben.
Unser Weiterweg führt über den Sentiero Palmieri. Dieser ist mit der Nr. 320/ 320 B gekennzeichnet und stellt keine
besonderen Anforderungen.
Dazu starten wir am Rifugio Pedrotti erst auf dem Sentiero Brentari (Nr. 358), bis nach 10 bis 15 Minuten links die beiden ins obere Pozza Tramontana führenden Varianten des Sentiero Palmieri abzweigen: der Normalweg Sentiero Palmieri basso (Nr. 320) und der Sentiero Palmieri alto (Nr. 320 B). Alex und ich entscheiden sich für den Normalweg, Conny, Franzi und Matthias nutzen den Panoramaweg. Unser heutiges Ziel, das Rifugio Agostini, kommt nach gut 2h ins Blickfeld. Steil steigen wir nun von der Scharte ab und folgen dem Wanderweg 1 zu einer Fahrstraße. Diese führt uns relativ schnell, aber auch monoton, zum Rifugio Agostini hinauf, welches wir gegen 16 Uhr erreichen.
Im Rifugio Agostini haben wir ein 6-Personen Zimmer für uns alleine. Die Nacht ist sehr entspannt und erholsam. 

Tageskilometer: 12.2km
Anstieg: 603m
Abstieg: 789m
Maximale Höhe: 2766m

03.09 Tag 3

Auf Weg Nr. 358 wandern wir in den von senkrechten Wänden umgebenen Talkessel des Val d’Ambiez. Am Gletscher angekommen gehen wir gerade hoch in Richtung der zwischen Cima d’Ambiez und Cima Tosa liegenden Bocca d’Am-biez. Bei Blankeis sollten in den steileren Passagen Steigeisen angelegt werden, mögliche Spalten werden rechts haltend umgangen, Um zum Einstieg des Klettersteigs zu gelangen, müssen wir ein paar Meter abklettern, dann geht es Drahtseil gesichert zur Bocca d’Ambiez, 2870m hinauf.
Weiter geht es hinüber zur Südwand der Cima Tosa. Dort gelangen wir zu einer Leiter, die uns hinunter zu einem weiteren Eisfeld, der Vedretta di Ca. mosci, führt. Auf der rechten Seite des Gletschers steuern wir nun einige haushohe Blöcke an, wo uns markante Wegzeichen den Beginn des Sentiero Marti nazzi anzeigen. Der Abstieg über den Gletscher gestaltete sich allerdings etwas schwerer als erwartet und endete in weit ausgedehnten Pause. Folgt man weiter dem rot markiertem Weg gelangt man über einen relativ schmalen Pfad zum Rifugio Maria e Alberto al Brentei. Auf dessen Terrasse haben wir uns einen Cappuccino und leckere italienische Nudeln verdient. Der Blick zurück zum Crozzon di Brenta und seiner knapp 1000m hohen Nordostwand ist grandios. Vom Rifugio Brentei gibt es nun mehrere Varianten zurück nach Madonna di Campiglio: Der am meisten begangene Abstieg führt über den Sentiero Bogani (Nr. 318) zum Rifugio Casinei und weiter zum Rifugio Vallesinella, wo sich ein Parkplatz (mit Pendelbusanbindung) befindet. Von dort geht es nochmal gute 4,5km über eine Fahrstraße nach Madonna di Campiglio. Den Parkplatz mit unseren Autos erreichten wir nach ca. 11 Stunden. Hier schlüpften wir in frische Klamotten und dank Matthias waren wir weitere vier Stunden später wieder wohl auf in Ismaning.

Tageskilometer: 22.1km
Anstieg: 949m
Abstieg: 1702m
Maximale Höhe: 2875m